Mit dem Wattpostboten nach Hallig Süderoog

Im sanften Licht des späten Nachmittages leuchten die Sandbänke fast golden wie aus dem Reiseprospekt, das Wasser in sattem Blau, sogar türkis – Meereswelten wie aus dem Bilderbuch. Die Gruppe ist eine gute Stunde unterwegs und längst liegt die Hallig deutlich zu erkennen auf der rechten Seite, doch Knudsen führt beständig daran vorbei weiter nach Südwest, schwenkt nun aber auf 235 Grad. „Längs der Hallig verläuft ein dicker Priel, der ist ziemlich verschlickt und auf direkten Zugang nach Süderoog kaum zu queren. Deshalb folgen wir ihm noch eine knappe halbe Stunde bis zum kleinen Anleger“, erklärt der Watt-Postbote. Die Priele werden wieder tiefer mit klar definiertem Prall- und Gleithang. Die Sandbänke erscheinen höher und steiler als draußen im weiten Watt zwischen Hallig und Insel. Von einer Sandbank führen zwei Schritte in einen weiteren, knietiefen Priel und hinaus geht es auf eine weite Schlickfläche. Dieser Priel ist mit seltsamen dünnen Stämmchen markiert – das war schon von Weitem zu erkennen. „Das sind Pricken“, sagt Knudsen, „sie markieren einen Schifffahrtsweg – dieser Priel führt zum kleinen Anleger der Hallig.“ In knapp acht Stunden werden hier wieder drei Meter Wasser stehen.

Je näher die Gruppe der Hallig kommt, desto tiefer wird der Schlick, die Schritte schmatzen. Der Meeresboden erscheint rückwärtig beinahe hügelig, zum Anleger schaut man beinahe auf. Vor dem kleinen Pier liegt das Boot auf der Seite, ein paar Schritte noch und die Steinschüttung ist erreicht. „Willkommen auf der Hallig Süderoog“, sagt der Watt-Postbote. Eine Fahne knattert im Wind, ein Traktor steht am Weg, Knudsen öffnet ein Tor. Hinter dem Gatter stehen die ersten Schafe. Bald ist die Warft erreicht. Darauf steht umgeben von Blumen und Büschen ein wunderschönes Reetdachhaus; Gänse schnattern, eine Pute läuft durchs Gatter, Hühner gackern – das hier ist auch ein Bauernhof. Ein ganz Besonderer sogar und mit besonderen Tieren: Seit Nele Wree und Holger Spreer diese Stelle übernommen haben, kümmern sie sich um den Erhalt bedrohter Haustierrassen – ein „arche-Hof“ mitten in der Wasserwelt des wattenmeeres. Hauptberuflich sind die beiden beim Landesbetrieb für Küstenschutz angestellt und halten Hallig wie Reetdachhaus in Schuss. Sie sind Küsten- ebenso wie Tierschützer, denn auch der Vogelschutz gehört zu ihren Aufgaben. Und – darauf freuen sich die Teilnehmer der Tour – die Versorgung der Wattwanderer. Köstliche Kleinigkeiten gibt es; heute eine Kartoffelsuppe und selbstgemachte Minz-Limetten-Limonade. Der Postbote und die Halligbewohner klönen, Zeit für eine Tasse Kaffee und wenigstens einen kurzen Schnack ist immer. Ganz nebensächlich packt er seinen Rucksack aus, die Beiden suchen ein paar Unterlagen zusammen, tüten sie ein, Adress-Aufkleber drauf.