Mit dem Wattpostboten nach Hallig Süderoog

Ob er den langen Weg auch für einen einzigen Brief gehen würde? „Natürlich!“ Die Post, übrigens, hat einen Versorgungsauftrag – egal, wo die Leute leben, egal, wie entlegen es ist: Briefe und Pakete müssen zugestellt werden. Flächendeckend und zum selben Preis hat jeder Haushalt ein Recht auf Zustellung. Am Tag nach der Einlieferung ist eine Zustellung auf Süderoog natürlich nicht möglich. Zu Fuß zur Hallig zu gehen, ist selbstverständlich vom Wetter abhängig – bei Sturmflut oder Gewitter kann Knud Knudsen nicht gehen, viel zu gefährlich, aber: „ich versuche es dann so einzurichten, dass ich trotzdem zwei Mal pro Woche zustellen oder abholen kann.“ Schließlich warten die beiden Halligbewohner auf ihre (wichtige) Post oder müssen Dokumente abschicken und Fristen einhalten – so wie jeder andere Bürger auch.

Und nicht nur die Post wird zustellt. „Wenn Nele oder Holger eine Kleinigkeit oder etwas Frisches brauchen, bringe ich das natürlich mit – Obst, Milch, Butter, solche Sachen. Ich laufe auch schon mal mit 15 Kilogramm auf dem Rücken!“ ist das Gut zu schwer oder zu sperrig, muss einer der beiden Halligbewohner eben mit dem Boot bei Gelegenheit selbst rüber nach Pellworm oder sie rufen Knudsen an, der dann das Päckchen auspackt und das mitnimmt, was den Beiden besonders wichtig ist. Über den Zustellstützpunkt in Husum gehen die Sendungen für Süderoog per Schiff nach Pellworm. Als es auf der Insel noch ein eigenes Postamt gab, hat der Watt-Postbote sie dort abgeholt; heute wird ihm die Post für die Hallig zu sich nach Hause zugestellt.

Es geht nun über festes Sandwatt, Muschelfelder sind auf den erhöhten Sandbänken zu erkennen, Knudsen führt die Gruppe daran vorbei. Man kann drüber laufen, aber schön ist das nicht, besonders für diejenigen, die keine Neoprensocken oder Ähnliches anhaben. Ihn selbst stört das kaum noch, er läuft barfuss und das bis in den November hinein „…aber dass ich die Muscheln gar nicht mehr merke, stimmt nicht, natürlich schneide ich mich auch mal, nur mit der Zeit bin ich halt nicht mehr so empfindlich.“ Der beständige Wind zerzaust die wilde Mähne des Wattpostboten noch mehr, als er das Gesicht dreht und mit dem Kompass die neue Richtung peilt, nun führt der Weg auf 215 Grad näher an die Hallig heran. Wieder werden Priele gequert, kaum höher als bis zu den Waden reicht das Wasser – es läuft immer noch der Nordsee hinterher.