Vasenwurf und frischer Fisch Griechische Ostern unter ­Segeln

Bis Dezember ist es noch lange, jetzt werden die Kirchen in den Dörfern und Städten erst einmal für Ostern vorbereitet. Also Kurs Nord, viel Zeit bleibt nicht mehr. Die grüne Festlandküste entlang, nächster Hafen Sivota. Der Wind schiebt, die ­Angelschnur ist wieder ausgebracht. So viel Fisch soll es hier geben, dass es ein Leichtes sei, einen guten Fang zu ­machen, sagen die Fischer und Stelios ist ganz ihrer Meinung. „Bisher habe ich immer was gefangen“, beteuert er, während er doch noch ein bisschen Schnur nachgibt und dem Druck leicht mit Daumen und Zeigefinger nachspürt. Appetit auf einen ­frischen Fisch hätten wir durchaus, bliebe nur die Frage, ob der bordeigene ­Fischer ihn denn auch zubereiten würde.

„Wir haben Salzwasser und Öl, das gute habt ihr doch in Gaios noch gekauft. Das reicht“, schallt‘s vom Heck herüber. Das überzeugt und das Öl ist wirklich super lecker. Gleich am Hafen in einem garagenartigen Gebäude wird es verkauft, die gut gefüllten Ölfässer direkt daneben.

Anlegen römisch-katholisch im orthodoxen Griechenland. Das Fischerglück ist ausge­blieben. So gibt’s zum Sundowner mit Blick nach Westen das gute Öl zu Brot und Salz. Der Fisch wird später bestellt. Die ­Restaurants an der Wasserfront freut’s. Auch in Sivota ist es so früh in der Saison noch leer und entsprechend ruhig in diesem sonst so trubeligen Ort. Angenehm, denn laut und voll wird es auf alle Fälle in den nächsten Tagen werden, so geniessen wir die Ruhe vor dem Fest.

Karfreitag, heraus geputzt sind nicht nur die Kirchen sondern auch die Heimgereisten hier am Ort. Kinder gehen mit langer Schnur im Hafenbecken auf Fischfang. Petri Heil – wir müssen weiter. Passend zur Rückfahrt hat der Wind auf Süd ­gedreht. Rund 25 Seemeilen liegen vor uns. Die Angelschnur ist aus­gebracht. Wir beeilen uns, zurück nach Korfu zu kommen, ­wollen schliesslich nichts vom grossen Fest verpassen – Prozessionen, fliegende Vasen, Musikkapellen, ­letzteren konnten man schon beim Proben zuhören. In den engen Gassen der Altstadt drangen schon seit Tagen die ­getragenen Klänge aus den weit ­geöffneten Fenstern. Vlacherna, die werbeträchtige, von Korfuplakaten und -postkarten bekannte Klosterinsel, kommt in Sichtweite, dann die alte venezianische Festung, an ihrem Sockel der Yachtclub und schon hört man sie, die Musik. Langsam gespielt, die Tonlage tief, traurig anmutend, es ist Karfreitag. Jede der 37 ­korfiotischen Gemeinden hält ihre eigene Prozession ab. Die Epitaphe werden aus den Kirchen zur Spinada, einem der grössten und vielleicht auch schönsten Plätze ­Griechenlands, getragen.

Es zischt, die Rolle dreht sich, irgendwas zieht an der Angelschnur. Stelios würde den Anblick eines leeren Blinkers vermutlich nicht überstehen. Schon einmal hat er nur die Fischattrappe mit frischen, starken Beissspuren aus dem Wasser gezogen. Das wäre der Fang seines Lebens gewesen. ­Geschwindigkeit drosseln, inzwischen laufen wir unter Maschine, die Marina-Ansteuerung ist in Sicht. Nur ja nicht wieder zu schnell sein, nicht den Fang verlieren. Leerlauf, kurz rückwärts, aufstoppen. Unser Kat bietet dem Wind auch ohne Segel und Maschine noch genug Angriffsfläche. „Push back on portside!“ Fragezeichen in den Augen des Rudergängers, „welche Seite war das noch mal?“ Langsam die Leine einholen, Kurbel vorsichtig drehen und dann ist er da, der Fisch – „a kind of tuna“, meint Stelios ganz ­beseelt von seinem Fischerglück.

Nur mit einer Tasse Meerwasser und Oliven-öl in den Ofen – ein Festmahl. Das passt. Karfreitag ist schliesslich Fischtag, zumindest bei den Katholiken. Die orthodoxen Griechen hingegen essen am Sonntag vor Ostern das letze Mal Fisch. In der Karwoche kommen dann nur noch Lebensmittel ohne Blut auf den Tisch. Muscheln, Kalamar, Sepia oder Oktopus sind als blutlose Tiere dagegen ­erlaubt. So kommt man durch die Woche.

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