Corse sauvage

Tuna-Time. Unser südlichster Wendepunkt heisst Ajaccio. Hier nehmen wir ein neues Crewmitglied auf (Easyjet fligt ab Basel nach Korsika) und lassen eine Mittelohrentzündung notfallmässig behandeln. Bleiben wollen wir jedoch nicht. Am (Aussen-) Qui des Pêcheurs liegt man unbequem im Schwell der sportlich ein- und auslaufenden Fischerboote. Die Capitanerie des Ports Tino Rossi erlässt uns sogar die Liegegebühr für den Tagesplatz. Doch wir wollen so rasch wie möglich wieder weg von Strassenlärm, Jubel, Trubel, wieder weg vom Häusermeer aufs blaue Meer. Als wir die Iles Sanguinares passieren, plötzlich ein Schrei: an einer unserer Schleppleinen zappelt etwas. Da wir ziemlich flott unterwegs sein, kann es es eigentlich nur ein schneller Raubfisch sein. In der Tat entpuppt sich der flotte Schwimmer als silberglänzender Thon, der zum Entsetzen unserer Kinder sofort zu Sashimi verarbeitet wird. Segeln als Lebenschule…

Westwind. Wir waren vorgewarnt, als wir in der Pero-Bucht abends in die Kojen steigen. Mit dem Vollmond schlägt das Wetter um – irgendwie scheint sich diese Binsenwahrheit zu bestätigen. Um vier Uhr morgens setzt der Südwind ein, der Schwell ist ein perfekter Wecker. Gemäss Wetterbericht dreht der Wind dann rasch auf Westen, wir versuchen, möglichst schnell nach Norden zu kommen und uns dabei von der Legerwall-Küste frei zu halten. Mit dem Morgenlicht legt auch der Wind zu und baut unheimlich rasch Welle auf. Zum Glück bläst er länger als erwartet aus Süden, sodass wir problemlos um Revellata-Spitze herumkommen und uns in der ruhigen Calvi-Bucht eine Boje angeln können. Der Preis ist jetzt um 5 Euro höher als letztes Mal, aber schliesslich ist jetzt Juli und 20 Euro für eine ruhige Nacht an einer sicheren Boje (inkl. Abfallentsorgung am Morgen) sind ja immer noch ein guter Preis. Plötzlich nimmt auch in der Bucht der Wind stetig zu. Wir checken unsere Wetter-Informationsquellen, alle sprechen von maximal 12 bis 18 Knoten. Doch draussen bläst es bereits mit 30, immer mehr Yachten laufen in die Bucht ein und suchen Schutz. Am Mittag ist der Hafen brechend voll, ein Taucherboot bringt hektisch weitere Bojen aus. Auf Kanal 09 hören wir das Flehen der Maxiyachtkapitäne um einen Liegeplatz am Quai, doch auch der virtuose Hafenmeister kann keine neuen Plätze erfinden. Auf Kanal 08 spielen sich die kleinen Dramen ab. Hier läuft der Funkverkehr mit dem Bojenrib ab, die meisten Yachten haben unter Winddruck die Genua extrem satt eingerollt, am Ende der Rolleine war immer noch zu viel Segel draussen. Mit einem solch windsensiblen Bug ist es fast unmöglich, punktgenau an der Boje zu stoppen. Es bläst zwischenzeitlich mit fast 40 Knoten und mehr, einige der festgemachten Yachten schwojen gefährlich hin und her und kommen sich bedrohlich näher. Über dem Strand tobt ein richtiger Sandsturm, die Bucht ist voll mit weissen Schaumkronen. Anscheinend ist es der erste „Coup de vent“ des Sommers und der hat es in sich. Windregel im Mittelmeer: meistens bläst es stärker als angekündigt, geographische Gegebenheiten können die Windstärke zusätzlich erhöhen. Und ein paar Meilen weiter kann es sein, dass man davon überhaupt nichts mitbekommt.

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